Doku-Soaps: Das Babylon der Privaten

Ich verstehe Fernsehen manchmal einfach nicht mehr. Von seinem Anspruch als Unterhaltungs- und Informationsmedium sind doch zumindest die privaten Fernsehsender weiter entfernt als Amy Winehouse von einem Drogenfreien Leben. Welche Formate gibt es denn noch, die durch Fiktionen unterhalten? Was bestimmt unser allabendliches Fernsehbild? Entweder US-Serien wie C.S.I., Dr. House, King of Queens, Greys Anatomy oder, dieses Mal aber made in Germany, Realitiy-TV-Doku-Soap-Gedöns wie „Bauer sucht Frau“, „Auswandern XXL“, „Die Kochprofis“, „Rach – Der Restauranttester“, „Die Supernanny“ , „Raus aus den Schulden“, „Frauentausch“ und so weiter und so fort.

Unterhaltung? Anspruch? Spannung? Vielleicht sogar eine Priese Information? Fehlanzeige! Was es gibt sind „echte“ Familiendramen, die um ganz ehrlich zu sein, auch nicht dadurch unterhaltsam werden, dass man sie selbst gerade nicht erlebt. Wer möchte sich schon daran erinnern, wie man als Teenager selbst am Rad gedreht hat, oder wie man mal eine Rechnung nicht bezahlen konnte? Ganz ehrlich, das will niemand und niemand will deswegen „Raus aus den Schulden“ und „Die Supernanny“ sehen.

Auch interessiert es mich nicht, wie andere Familien ihre Probleme damit lösen, indem sie auswandern. Oder wie sich Mütter untereinander bekriegen. Und Beziehunggeschichten im Fernsehen? Klar, als Drama immer gut. Aber so richtig echte, wie sie jeder kennt? Von normalen Menschen vorgetragen? Wenn ich das sehen wollen würde, würde ich in eine Selbsthilfegruppe gehen, aber doch nicht meinen Fernseher einschalten.

Ich möchte nicht zwingend mit Alltagsproblemen konfrontiert werden, wenn ich den Fernseher einschalte. Ich will Unterhaltung, ich möchte Abschalten können, wenn ich Abends in den Fernsehsessel sinke. Will ich Informationen und Bildung schalte ich Arte ein, will ich Unterhaltung dann geh ich zu den Privaten. Das war bis jetzt mein Credo. Nur die Privaten unterhalten nicht mehr, die Privaten quälen ihre Zuschauer mit Alltagsproblemen von Menschen, die manchmal so sympathisch sind wie eine verstopfte Toilette wohlriechend ist.

Irgendwie macht ihr aber trotzdem noch Quote. Gerade RTL fährt mit „Die Supernanny“ und „Raus aus den Schulden“ Traumquoten ein und verkauft den ganzen Ronz dann auch noch als Informationssendung. Blanker Hohn! Aber wer schaut so etwas? Wer tut sich freiwillig die Probleme andere Menschen an? Keiner so wirklich, lautet wohl die Antwort.

Was alle Sendungen dieses Typs gemein haben ist die Art und Weise wie sie der Zuschauer konsumieren kann. Weder „Bauer sucht Frau“, noch „Einsatz in vier Wänden“ oder irgendein anderer Klon dieses Formats benötigen ein großes Maß an Aufmerksamkeit und Anstrengung, um das Geschehen auf dem Bildschirm zu verstehen. Wer solch eine Sendung einschaltet, schaltet selbst aus. Nicht, weil er sich in eine Geschichte hineinversetzt, sondern weil er einfach nicht mehr denken muss. Alles wird immer so aufbereitet, dass man der „Geschichte“ selbst dann folgen könnte, wenn man es selbst garnicht möchte.

Der Zuschauer selbst ist dabei nicht mehr aktives Mitglied, was die Taten der Akteure auf dem Bildschirm zu verstehen versucht. Niemand fiebert mehr mit, keiner bezieht Stellung zu der Position des Prota- oder Antagonisten. Es gibt ja schließlich keinen Grund dafür. Passives Zusehen, Hintergrundrauschen. Das ist es, was deutsche Reality-TV-Formate auszeichnet. Wer mehr möchte? Der schaltet um, oder ganz aus. Liest ein Buch, schaut sich einen Kinofilm auf DVD an, geht mit Freunden los, spielt ein Computerspiel oder unternimmt sonst irgendetwas.

Wer wirklich etwas erleben möchte und sei es auch nur ein schnulziges Liebesdrama, der schaut schon lange kein Feierabend-Fernsehprogramm der Privaten mehr. Privat-Fernsehen ist längst weg von seinem Status Quo als Unterhaltungsmedium, verkommen zu einem reinen Untergrundgeräusch. So halt, wie es das Radio beim Autofahren, Tapezieren oder Haarewaschen schon ist, nur hier halt mit Bild und Ton.

Warum, liebe Fernsehmacher, lasst ihr euch nicht von dem inspirieren, was ihr selbst aus Amerika teuer einkauft. Warum keine gut gemachten deutschen Serien mit Anspruch, Unterhaltungswert und einem Konzept, was auch diejenigen wieder vor den Bildschirm lockt, die ihr schon längst als Zielgruppe verloren habt. Warum tut ihr euch so schwer, lieber untereinander all das zu kopieren, was nur irgendwie nach Erfolg riecht, anstatt euch an dem ein Vorbild zu nehmen, was Erfolg hat und zudem unterhält? Ist das Prinzip einer guten Serie so schwer für euch zu durchschauen? Wenn ja, dann solltet ihr euch vielleicht die Frage gefallen lassen, ob ihr wirklich den richtigen Job gewählt habt.

Aua im Mondlicht

US-Serien sind toll. Dass das nicht unbedingt heißen muss, das alle US-Serien toll sind, sollte klar sein. Moonlight, vor ein paar Wochen auf ProSieben gestartet, bestätigt das eindrucksvoll. Der Hauptcharakter sieht eher so aus wie ein Italo-Zuhälter denn Privatdetektiv oder gar Vampir. Die ironischen Anspielungen auf typische Vampirklischees sollen halt ironisch und lustig sein, wirken aber eher aufgesetzt. Das Holzpflöcke und Knoblauch gegen Vampire nichts anzurichten vermögen wissen wir spätestens seit Blade. Tageslicht hingegen ist mal wieder böse und silberne Schrotkugeln auch. Ahja, nichts Neues an der Vampirfront also.

Was kommt noch? Okay, wie haben einen Vampir der lieber der menschlichen Moral zugeneigt ist, als seiner natürlichen Gier nach Blut nachzukommen. Natürlich ist sein bester Freund das genaue Gegenteil. Warum das alles so ist? Wissen wir nicht, bzw. noch nicht. Das soll uns erst während der Serie beigebracht werden. Nur werden wir bis dahin weiter zusehen? Anscheinden werden es wohl ein paar, ProSieben fährt mit Moonlight ganz passable Quoten ein. Der US-Sender wohl eher nicht, weswegen dort die Serie auch schon nicht mehr forgesetzt wird.

Obs an den dämlichen Dialogen ala „Manchmal da, bäng, haut ein so ein Schicksal mal echt um“ gelegen hat, oder an der mangelnden Glaubwürdigkeit der Serie an sich? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht und möchte es auch garnicht weiter wissen. Ein paar Folgen werde ich mir die Serie danach geben, bevor sie auch bei mir endgültig abgesetzt wird.

Achja, ein kleines Trostpflaster gabs für mich übrigens dann doch noch. Die Kameraarbeit in den ersten drei Folgen ist mehr als nur reines Mittel zum Zweck, sondern vermittelt mit ihren starken Perspektiven, dramatischen Kontrastunterschieden und stringenten Weitwinkelaufnahmen sowie dem klassischen omnipräsenten Lichteinfall seitlich oder frontal vom Gesicht des Darstellers durch Jalousien perfektes Film-Noir-Flair. Wer mehr darüber lesen möchte, sollte sich einmal diesen Artikel von Serienjunkies.de durchlesen.

Konsummuss: Charlie Bartlett

Ich muss zugeben, dass ich leicht skeptisch in diesen Film reingangen bin. Weiter muss ich sagen, dass diese Skepsis sich auch teilweise bestätigt. Warum man sich Charlie Bartlett dann trotzdem anschauen sollte? Es macht einfach Spaß.

Stellt euch einmal vor, ihr seid mittlerweile von der x-ten Privatschule geflogen. Nicht, weil ihr etwa schlecht in der Schule seid, nein, sondern einfach weil euer kriminelles Talent nicht, sagen wir mal, genügend Würdigung findet. Charlie Bartlett erlebt genau dies. Als Vorzeigeschüler eh nicht besonders beliebt, beginnt er recht schnell Führerscheine an seine Mitschüler zu verkaufen. Das kostet ihm den Aufenthalt auf seiner Privatschule und zwingt seine Mutter zugleich dazu, ihn auf eine öffentliche Schule zu schicken.

Charlie Barlett ist dabei kein gewöhnlicher unerziehbarer Rotzbengel. Er ist einfach zu gewöhnlich, zu schüchtern und zu wenig von sich selbst überzeugt, um im Mittelpunkt zu stehen. Auf seiner neuen Schule macht er sich recht schnell beliebt. Nicht, weil er etwa besonders gut zu dem – Achtung Klischeealarm! – chaotischen Haufen von rebellierenden Teenager passt, sondern eher deswegen, dass er die halbe Schule alsbald mit mehr oder weniger gefährlichen Phsychopharmaka via Schulklotherapie-Zimmer versorgt.

Bis hierhin erzählt sich der Film quasi von selbst. Alles ist schön plausibel und Charlie steigt alsbald in der Gunst seiner Mitschüler ins Unermessliche auf. Kurz: er wird zu der Kultfigur, zu der er schon immer werden wollte. Um sein Glück zu vervollständigen findet er sogar seine ersten Freundin. Leider ist diese auch zugleich die Tochter des Schulleiters. Ausschweifender Drogenhandeln und der Vertrieb von Gewaltvideos machen Charlie bei diesem natürlich alles andere als beliebt. Die Konsequenzen könnt ihr euch ausmahlen. Alsbald beginnen also die ersten Konflikte.

Hört sich nach klassischer Highschool-Komödie an. Ist es zu großen Teilen auch. Die Leichtigkeit der Erzählweise, die logisch aufgebaute Geschichte und die unterschwellig vermittelte Milieu-Studie einer typischen US-Highschool machen Charlie Bartlett aber zu einem leichten Sommerfilm, der dennoch ein klein wenig Anspruch bietet. Handwerklich solide gemachte Filme finden halt immer ein Publikum.

Warum die Skepsis gelieben ist? Charlie Bartlett könnte auch, ohne seine gute handwerkliche Umsetzung, auf dasselebe Niveau bekannter Teeniefilme wie American Pie abschrutschen. Der Unterschied kann halt manchmal ganz klein sein…

Es ist Bond!

Jaja, er hat immer noch keine braunen Haare und nicht den Sexappeal von Brosnan, Connery und Moore. Braucht er auch nicht! Casino Royal war schon ein ziemlich guter Bond und Quatum of Solace wirkt noch düsterer, noch einschüchternder, noch spannender und sieht noch mal mehr nach einem Bond des 21. Jahrhunderts aus als alle Brosnan-Filme zusammen.

Ein stimmige Handlung, gute Action, nette Gimmicks, tolle Frauen und kecke Sprüche, das ist Bond! Nicht braune Haare und ein markantes Lächeln. Bond ist Actionkino der alten Machart, trotzdem aber modern geblieben. Und das beste zum Schluss: der erste Trailer macht schon einmal Lust auf mehr. ANSEHBEFEHL!

Dämlicher Sendeplatz galore!

Heute ist welcher Tag? Jaja, Mittwoch, der 25.06.2008. Das weiß jeder. Was jeder aber auch wissen sollte ist, dass heute FUSSBALLTAG ist. Egal, ob man nun beinharter Fußballfan ist, oder nicht. Jeder Mensch in Deutschland weiß das. Ich möchte daher nicht wissen, wie die Quote der durchaus interessanten Dokumentation „Spielen, spielen, spielen… wenn der Computer süchtig macht“, heute Abend um 23:30 Uhr auf der ARD ausfällt.

Immerhin senden Sie es nicht gleichzeit mit dem Spiel. Andererseits, dafür dürfte der Sendeplatz dann auch wieder zu gut gewesen sein. Danke, liebe ARD-Programmplaner.

P.S.: Für diejenigen unter euch, die jetzt trotzdem einschalten sollten. Die Dokumentation verfolte ein Jahr lang das Leben eines Schülers, der für seine World-of-Warcraft-Sucht so ziemlich alles vernachlässigte: Freunde, Familie, Schule und schlussendlich dann auch einen Teil seiner selbst.

Steve Buscemi war irgendwie auch schonmal besser

Bitte jetzt nicht falsch verstehen, „The Interview“ ist beleibe kein schlechter Film und hebt sich immer noch angenehm von anderen Genrefilmen ab. Trotzdem passt mir da irgendetwas nicht. Nicht etwa, dass Sienna Miller und Steve Buscemi keine guten Schauspieler sind. Nein, das ist es einfach nicht. Nur die beiden zusammen, das geht nicht, das passt irgendwie nicht.

Klar, mir ist durchaus bewusst, dass der Film genau darauf abziehlt. Die beiden Personen sollen sich ja nicht mögen. Nur habe ich als Zuschauer den Eindruck, Steve und Sienna zusammen, ohne Kamera, das würde irgendwie funktionieren. Und genau das passt irgendwie nicht.

Gespieltes und Realität – das hat oft wenig miteinander zu tun. Robert de Niro und Joe Pesci konnten sich hinter der Kamera auch nie ausstehen, musste davor aber eine perfekt funktioierende „Familie“ miemen. Das ging damals grandios, nur eben bei Sieanna und Steve nicht. Da wirkt der Konflikt manchmal einfach nicht mehr glaubwürdig genug.

Wenn er Sie küsst, nachdem er gekonnt provoziert worden ist. Das ist so eine Szene. Man hat als Zuschauer nicht das Gefühl, da würde etwas Wiederwilliges geschehen. Es fühlt sich eher so an, als hätten beide nichts dagegen einzuwenden, aus dem Kuss noch etwas mehr zu machen. Und das so ziemlich am Anfang des Films. Blöd, schließlich behält man diese Szene den Rest des Films über die ganze Zeit im Hinterkopf und merkt, wie der Konflikt an seinem Glaubwürdigkeitsproblem stirbt.

Schade, denn ansonsten ist die Ausgangssituation bei „The Interview“ grandios und auch das Drehbuch an sich ist sehr schön. Nur halt Herr Buscemi und Frau Miller, das geht leider gar nicht zusammen. Hummm…

ProSieben imitiert Simple Life

Ja, deutsches Fernsehen, gerade deutsche Serien könnten sich öfter einmal eine kleine Scheibe Qualität bei ihren Vorbildern aus Amerika abschneiden. Dumm nur, dass ProSieben das beim unheimlich niveauvollen Format „Simple Life“ des US-Senders Fox gemacht hat.

Und wer jetzt noch glaubt, Gülcan hätte nach ihrer klischee Traumhochzeit samt Scooter-Gesangseinlage endgültig ihre Daseinsberechtigung im deutschen Fernsehen verwirkt, der mag jetzt aufhorchen. ProSieben steckt die auf Dauersendung programmierte Gülcan zusammen mit Collien Fernandez auf einen Bauernhof ins abgeschiedene bayrische Hinterland.

Das ganze soll möglichst authentisch und ohne peinliche Momente ablaufen, so ProSiebens Programmdirektor gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Ich prophezeie hier erst einmal ein weiteres Reality-TV-Desaster. Wer genug Fremdschäm-Wiederstandsfähigkeit hat, der mag heute Abend gerne ProSieben um 20:15 Uhr einschalten. Auf ihrer Homepage verkauft ProSieben das ganze übrigens als LifeStyle-TV, naja…