Jaja, alle reden davon. OUYA, das nächste große Ding auf Kickstarter. Die globale Gamergemeinschaft ist heiß, die Aufregung steigt und jeder ist sich sicher, dass OUYA der Shit werden wird! Doch die Wahrheit ist, dass keiner OUYA braucht.
Kommen wir erstmal zu den tollen Sachen: OUYA ist eine Open-Source-Konsole, basierend auf Andriod 4.0 als Betriebssystem und nVidias Tegra 3 als Hardwarebasis. OUYA ist mit 99 USD inklusive Gamepad billig. Es soll dafür HD-Auflösung, 1GB RAM, 8 GB Flash-Speicher, WiFi, Bluetooth 4.0 und einen kabellosen Controller bieten. Es soll für Entwickler keinerlei Lizenzkosten geben und SDKs sollen schweinebillig sein. Und um die Hure für jeden zu sein: Hacker, die das System „verbessern“ wollen, sind jederzeit willkommen. Man soll noch nicht einmal die Herstellergarantie verlieren, wenn man sich den Innerein der OUYA nähert. Das alles klingt nach einem wahren Paradies, einem feuchten Spieler-Traum. Ganz ehrlich, ich glaube da nicht dran.
Warum? Nicht nur, weil das Versprochene zu gut klingt, nein, sondern auch, weil die Realität sehr viel anders aussieht. Wie Ben Kuchera von Penny-Arcade hier so schön erkannt hat, gibt es bis auf einen Prototypen nichts vorzeigbares. Es gibt kein einziges Spiel für die Konsole (Minecraft soll erst dann kommen, so Entwickler Mojang, wenn sich OUYA als gutes, erfolgreiches System etabliert hat), der AppStore ist noch nicht fertig, ja selbst beim Controller handelt es sich um eine Designstudie (im Demovideo muss ein PS3-Controller als Ersatz herhalten). Wir wissen relativ wenig über OUYA, alle Angaben auf der Kickstarter-Seite sind sehr, sehr vage. Trotzdem soll uns bis März 2013 ein fertiges Produkt präsentiert werden. Na klar!
Der größte Hinkefuß für mich ist aber die Tatsache, dass niemand diese Konsole braucht. Weder Indieentwickler noch Spieler. Der Hersteller von OUYA führt gerne an, dass es für Indieentwickler extrem schwer sei, ihr Spiel über XBLA, PSN oder sogar Steam zu vertrieben. Das mag sein, nur braucht ein Indieentwickler deswegen OUYA als Plattform? Oder besser gesagt: hat sich jemand schon einmal wegen einem exklusiven XBLA-Indiegame eine Xbox-360 gekauft? Wer als kleiner Entwickler bei Steam und Co. nicht unterkommt, kann sein Spiel immer noch selbst vertrieben oder kleinere Verkaufsplattformen wie Desura bedienen. Und mal ehrlich: wer als Entwickler im Indie-Sektor ein breites Publikum erreichen will, der greift am besten zum PC: die Entwicklertools sind günstig und die Verbreitung der Plattform ist immens. Warum wird OUYA dann als DIE Plattform für Indiespiele verkauft? Ganz einfach: es hört sich gut an.
Klar, jetzt kommt der Einwandt, man hätte dank Andriod-Betriebssystem eine unglaublich große Auswahl an Spielen. Das mag sein, aber wie viele der wirklich guten und erfolgreichen Andriod-Spiele setzen auf einen klassischen Controller als Eingabemedium? Angry Birds? Tiny Wings? Doodle Jump? Slice It? Fruit Ninja? Draw me Something? Selbst klassische Umsetzungen wie Baphomets Fluch setzen stark auf den Touchscreen. Warum? Der mobile Spielemarkt lebt von der Andersartigkeit seiner Spiele. Sie setzen auf Touch-Steuerung, einen schnellen Einstieg und die Möglichkeit sie mal kurz zwischendurch zu spielen. OUYA will aber eine ausgewachsene Konsole sein, und da funktionieren solche Spiele nicht. Wer sich hinsetzt um zu Spielen der will das große Programm.
Und dann das Ding mit den Hackern. Man will also kleine Entwickler ansprechen; wäre ich Indie-Entwickler, dann würde ich niemals eine Plattform bedienen, die offen für Hacker ist. Egal, ob sie nun das System nur verbessern sollen dürfen. Welcher Hacker hält sich schon daran, was er soll oder darf? Der Indie-Markt ist heiß umkämpft, selbst erfolgreiche Vertriebsplattformen wie Steam oder der AppStore haben es nicht leichter gemacht. Also: warum zur Hölle soll ich für die OUYA entwickeln? Ihre Verbreitung ist nicht gesichert, ihre SDKs mir unbekannt, und dann will sie auch noch offen für Hacker sein? Bitte was!?
Achja, eine Zielgruppe muss man ja auch haben um zu verkaufen. Nur wer soll das sein? Gelegenheitsspieler? Klar, die kaufen sich auf jeden Fall eine unbekannte, von Geeks auf Kickstarter.com finanzierte Konsole, um darauf Angry Birds zu spielen. Vor allem, weil sie es auf ihrem iPhone oder Galaxy S3 ja noch nicht gespielt haben. Sehr unwahrscheinlich, nicht wahr? Bleibt dann also nur noch der Hardcore-Gamer. Aber was will der mit einer OpenSource-Konsole ohne Unterstützung der großen Publisher? Wer ist übrig: Nerds, die gut aussehende Technik und vollmundig versprochene Ideen heiß finden. Ja gut, damit verkauft man vielleicht 30.000 bis 50.000 Konsolen. Nur welcher Entwickler will für so einen Markt entwickeln bzw. seine Spiele portieren? Selbst große Konzerne wie UbiSoft und EA klagen darüber, dass sich PC-Portierungen ihrer AAA-Titel kaum lohnen. Raubkopierer und so seien Schuld. Also denkt sich dann sicherlich jeder Indie-Entwickler: Wie geil, dass es die OUYA mit ihren knapp 50.000 Käufern und der Unterstützung für Hacker gibt. Logisch, nicht? Ähm, auf gar keinen Fall!
Wir fassen zusammen: für Indieentwickler ist die Plattform uninteressant: man muss SDKs kaufen, die Verbreitung ist fragwürdig und der PC als Plattform unschlagbar gut geeignet. Und für uns Spieler gibt es aktuell nichts, was uns den Grund gibt, OUYA wirklich kaufen zu müssen: Keine Exklusiv-Titel, keine großartigen neuen Hardware-Features und kein neues Spielerlebnis. Nur Indie sein wollen und Open-Source anpreisen reicht nicht. Nischendasein oder Totgeburt, dass sind hier viel mehr die zwei Optionen der OUYA.
Der Beitrag ist zwar schon älter aber nach dem durchlesen muss ich trotzdem ein Kommentar ablassen.
Was spricht dagegen, ein Smartphone als Kontroller für Spiele aus Google Play zu nutzen. Das ist technisch leicht umsetzbar.
Und das Argument mit den Hackern ist ja, sorry, totaler Quatsch. Auch auf ein Smartphone kann man problemlos ein Custom ROM installieren und deshalb wird doch Google Play nicht unsicher. Von welchen Nachteilen sprichst du also?
SDKs musst du im Übrigen auch bei den gängigen Konsolen kaufen. Und zwar zu horrenden Preisen. Zudem müssen die Spiele dann auch noch von Microsoft, Sony oder Nintendo genehmigt werden. Allein diese Hürde schaffen die wenigsten Indies. Und nein, der Indie-Markt ist auch nicht heiß umkämpft. Denn im Indie-Markt gibt es keine Marktanteile. Wie soll also so ein Marktkampf aussehen?
Ich denke, du missverstehst das Konsept der OUYA grundlegend. Entwickler setzen ihre Spiele nicht für die OUYA um, sondern für Android. Dabei können die Entwickler wie gewohnt die bestehenden, kostenlosen SDKs von Google verwenden und müssen nur für OUYA-Funktionen auf die OUYA-SDK zugreifen. Z.B. für die Kontrollersteuerung. Der Mehraufwand ist also wirklich gering und in vielen Fällen vermutlich gar nicht notwendig.
Der Clou an der Sache ist aber, dass weder für die Entwickler noch für die Käufer ein Risiko besteht. Ich bin sicher, dass die Besitzer einer OUYA sich noch über Neuerscheinungen bei Google Play freuen dürfen, wenn die X-Box 360 längst zum Staubfänger geworden ist. Im Übrigen vermute ich, dass du nicht so eine Hasstirade geschrieben hättest, wenn Apple eine App-Store-Konsole angekündigt hätte.
Robert, ich glaube du glaubst dem Hype da zuviel.
Auf dem Weg vom Google Play Store in die noch unbekannte Ouya Infrastruktur muss eine Menge passieren.
Es muss ein komplett neues Steuerungskonzept entworfen werden. Aus der Android-üblichen Touchsteuerung wird eine Controllersteuerung. Alles was Ouya dann weiter unterstützt, wie zum Beispiel Matchmaking, Gamerscore, Achievements und Livechat muss auch noch irgendwie eingebunden werden. Das Mini-Touchpad auf de Ouya-Controller halte ich für Augenwischerei – die User Experience eines entkoppelten Eingabegeräts ist immer noch komplett anders, als ob ich direkt auf der Grafik herumtouche.
Bevor ich nichts von der Ouya-Softwarewelt sehe, sozusagen das „Ouya Live“, bleibe ich skeptisch.