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Kritik: Earl Greyhound – Suspicious Package

Die Platten-Rubrik in diesem Blog gleicht ja eher eine Schande, denn einem Kontinuum an hochwertige Plattenregal-Empfehlungs-Lobhudelei. Grund genug gleich mit einem ordentlichen Feger der Packung Retro-Rock-Charme verquirlt mit einer großen Portion Eigenständigkeit. Suspicious Packageist laut genug um den Hygiene-Streit meines WG-Sponsor-Päarchens zu überdecken und nachdenklich genug um über die Schönheit Wiens inmitten eines nach rechts driftenden politischen Gefildes zu grübeln.

Ob nun ein treibendes „We are“ in Ghosts and the Witness, welches einen selbst nach übermäßigem Ottakringer-Genuß am Abend zuvor trotzdem noch morgens mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht aufstehen lässt, oder ein das extrem entspannte Black Sea Vacation, das oft zweistimmig agierende Duo Kamara Thomas und Matt Whyte führt zum Niederknien von einem Hörgenuss zum Nächsten. Die Rhythmus gebende Gewalt ist mit Ricc Sheridan hinter seiner infernalisch knallenden Snare dem Gesamtkonstrukt mehr als ebenbürtig besetzt. Earl Greyhounds Prägung durch Altmeister wie Led Zepplin und die frühen Pink Floyd blitzt spätestens dann durch, wenn am Ende einiger Songs virtuos gefrickelt und psychedelisch arrangiert wird.

Von draußen prasselt der Regen gegen die Fenster, der Himmel wechselt sich in seiner Farbtönung von bedrohlich dunkelgrau zu anthrazit ab, der Wind heult als würde er das alles verscheuchen wollen und aus den Boxen dröhnt „I got wherewithal to leap from beach to beach / I got the shoes not the fire of a warrior“. Die Finsternis droht sich in meinem Zimmer auszubreiten, die Wände scheinen sich in Richtung Raummitte zu bewegen, dann wechselt das Lieb. Whyte intoniert „I don’t want your understanding anymore / I got fistfuls in my hands to enjoy“, langsam zeichnet sich ab, dass der Tag nichts Gutes mehr zu bringen hat, außer einem Soundtrack der ihn treffend beschreibt. Anhören, verwundert sein, mitnehmen.

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  1. Schön geschrieben und zusammengefasst. Ein wunderbares Rockalbum der alten Schule, das trotzdem ganz und gar modern klingt. Mit Sicherheit eines der besten Alben, das ich seit langer Zeit hören durfte. „Oye vaya“ und „Shotgun“ haben das Zeug, zu Klassikern zu werden.