Mafia 2 – Perspektivlosigkeit oder ein Open-World-Spiel, das keines ist

Mafia 2 ist wie ein nur oberflächlich zusammengeflickter Unfallwagen, den uns jetzt der Tscheche um die Ecke als guten Gebrauchten verkaufen möchte. Die Oberfläche ist blank poliert, die zerstörbare Kulisse ein Augenschmaus, die Hintergrundgeschichte in brilliant inszenierten Zwischensequenzen erzählt. Die ersten drei, vier Spielstunden machen einen sehr hungrig. Hungrig auf mehr. Doch dann, so als ob man mit einem Lackschichtenmesser über die noble Karosse des Gebrauchtwagens gehen würde, tun sich Risse und Ungereimtheiten bei den inneren Werten des soeben noch als erstklassig bewertetem Vehikel auf. Es ist so als würde man gegen allen Rat der Welt die Büchse der Pandora öffnen und all das Unpassende und Langweilige, das Substanzlose und das Aufgesetzte offenbart sich nun vor einem.

Mafia 2 bestich sicherlich durch eine sehr gut erzählte Handlung, doch danach kommt wenig. Es werden weder neue Akzente im Spielprinzip gesetzt, noch gibt es außerhalb des Missions-Korsetts etwas zu entdecken. Empire Bay City mit all seinen gepflegten Vorgärten, den umherspazierenden Bewohnern, dem abgewrackten Industrie-Viertel und der noblen Shopping-Meile bleibt eine tote Stadt. Sie ist zwar frei begehbar, hat aber ansonsten keinerlei Nutzen für das Spiel. Es gibt keine Nebenmissionen, keine kleinen Anekdoten, die hängen bleiben, es gibt nur nichtssagende Häuser und undefinierte NPCs. Alle wandeln sie umher ohne das man etwas über sie erfährt. Eingenullt von den Klängen der ausgehenden vierziger Jahre und der optisch imposant inszenierten Architektur fährt man also durch eine leere Hülle. Es wird die Geschichte Vito Scalettas erzählt. Einer, der frisch aus dem Krieg heimgekehrt ist, und der sich nun in der Hierarchie der Mafia hocharbeiten möchte.

Es geht um Macht, Gewalt, schnelle Autos, gesellschaftliches Ansehen und schöne Frauen. Ein Stoff also so alt wie es das Leben selbst (wenn auch evolutionär gesehen natürlich mit anderen Teilaspekten). Die Handlung hat ihre schönen Momente, einen spannenden Bogen und auch einen kleinen Twist. Doch das alles nützt nichts, da man Mafia 2 ansieht, was es gerne sein würde, aber nicht ist. Mafia 2 ist kein Open-World-Spiel. Es gibt zwar einen frei befahrbare Stadt aber die ist eigentlich nutzlos. Der Spieler muss sich, um nicht vor Langweile zu sterben, an den roten Missionsfaden nähen lassen. Der Rest ist und bleibt Staffage. Das mag sicherlich für ein gutes Actionspiel reichen. Es ist aber bedenklich, dass der fast ein Jahrzehnt ältere Vorgänger mehr spielerische Substanz zu bieten hatte. Optisch ist Mafia 2 also eine gelungene Weiterentwicklung, inhaltlich dagegen ein klarer Rückschritt. Im Jahr 2010 reicht das aber einfach nicht mehr aus. Setzten sechs!